Sprechstunde e-health: Zum neuen Digitalgesetz – Zwischen Fortschritt und Zentralisierung

Zukunft der TI-Konnektoren - Dr. Andrej Teterin in der e-health Sprechstunde

Dampsoft stellt sich regelmäßig den aktuellen Fragen zur Telematikinfrastruktur und Digitalisierung. Aktuell: Das Digitalgesetz ist beschlossen, das schon bald die ePA für alle bringen soll. Was bedeutet das für Zahnärzteschaft und Anbieter von Praxisverwaltungssoftware? Wir fragen unseren Experten Dr. Andrej Teterin. 

Das Digital-Gesetz wurde im Dezember 2023 im Bundestag beschlossen. Welche Auswirkungen hat das auf Zahnärzte und deren Praxisverwaltungssoftware?

ePA für alle, Telemedizin und DiGAs werden gepusht – das ist gut, ABER: Ordnungspolitisch ist das Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung im Gesundheitswesen (Digital-Gesetz – DigiG), was die gematik und den immensen Zuwachs an Kompetenzen und Möglichkeiten Software zu entwickeln betrifft, echt fraglich. Das deutsche Gesundheitssystem ist weltweit deshalb führend, weil es für jedermann Zugang zu medizinischer Versorgung bietet. Ein Blick nach Großbritannien zeigt, dass viele Ärzte nicht mehr in einem staatlich-planwirtschaftlich überbürokratisiertem Gesundheitssystem arbeiten wollen. Das muss uns auch hierzulande zu denken geben. Der Staat soll und muss den Rahmen setzen – keine Frage. Deswegen ist es auch nachvollziehbar, dass die gematik mehr Rechte bekommen soll, um die Interoperabilität im System herzustellen und zu regulieren. Was wir aber gar nicht gebrauchen können, ist eine Abkehr in Systeme, wo mehr zentral und bürokratisch geplant wird, anstatt dem Markt und innovativen Anbietern das Spielfeld zu überlassen. Gleichheit darf man nicht anstreben – die gab es noch nie und die wird es nie geben. Uns allen sollte klar sein, dass das Leben bunt ist und Vielfalt das Leben bestimmt. 

Für uns als Softwareanbieter gilt: Wir wollen mit unseren Produkten und Services überzeugen – und zwar im fairen Wettbewerb. Es dürfen keine Monopole geschaffen oder diese erleichtert werden – und deswegen verstehen wir nicht, dass es hier Bestrebungen gibt, die ganz bewusst die Anbietervielfalt verringern wollen. Unser Gesundheitswesen lebt von freier Arztwahl. Stellen Sie sich vor, man würde diese einschränken! Das gäbe einen Aufschrei. Insofern sollte man auch die freie Wahl auch von Software nicht beschränken. Gerade im Gesundheitswesen sollte man nicht den Fehler machen, zu viel zu planen und vorzugeben. Oder haben Sie schon mal von einer staatlich verordneten App gehört, die neue Maßstäbe gesetzt hat? Auch deswegen haben wir 2023 unser neues DS4 als webbasierte und cloudfähige Praxisverwaltungssoftware rausgebracht. Immer mehr Praxen entscheiden sich für diesen neuen Weg und erhalten alle Services aus einer Hand: Z-PVSaaS plus TIaaS plus KIMaaS. 

Software im Gesundheitswesen: Innovation durch Wahlfreiheit und Ideenvielfalt

Die Wahrheit ist doch, jede gute Software weltweit ist privatwirtschaftlich entstanden. Das ist gut so und das sollte auch so bleiben. Wahlfreiheit ist ein hohes Gut. Das sollten wir erhalten. Innovationen kann man nicht staatlich verordnen. Das zeigt die Roadmap für die Telematikinfrastruktur leider nur allzu gut. Bis auf das EBZ-Verfahren sind die faktisch spürbaren Vorteile für Patienten und Praxen (noch) überschaubar. Innovationen entstehen vielmehr durch einen angstfreien Austausch unbequemer Ideen und Argumente sowie durch ungelöste Probleme, die Praxen haben. Weil uns das so sehr bewusst ist, haben wir im letzten Jahr unsere Innovationssprechstunde ins Leben gerufen und haben dort mit interessierten Zahnärzten die Produktstrategie von Dampsoft erörtert und Einblicke hinter die Kulissen gegeben. Vor allem haben wir dort bereits bestehende und neue Ideen gemeinsam abgeklopft. Um noch nicht zu viel zu verraten: Durch die Kombination aus Fachkräftemangel und dem Wunsch nach digitalen Lösungen, prüfen wir gerade intensiv, wie sich vor- und nachgelagerte Arbeitsprozesse in der Zahnarztpraxis patientenfreundlich und personalunabhängiger abbilden lassen. 

Ein gutes Beispiel für eine gelungene Zusammenarbeit der Akteure und Dienstleister im Gesundheitswesen ist das EBZ. Über 10 Mio. HKPs wurden verschickt, die Marktabdeckung liegt bei 97 % – was für eine flotte Entwicklung innerhalb eines Jahres. Mittlerweile wird auch ePAR mit EBZ eingesetzt. Das kann sich wirklich sehen lassen und zeigt, dass sinnvolle Digitalisierung, die Nutzen stiftet für Patienten und Ärzte gleichermaßen, lässt sich nicht aufhalten, sondern wird aufgesaugt wie Wasser durch einen trockenen Schwamm. Wollen wir hoffen, dass die Beteiligten weitere Anwendungsfälle finden, mit ähnlich hohem Potenzial.

Hier geht´s zur letzten Sprechstunde e-health:  

Zum eRezept ab 2024 und was kommt als Nächstes? 

Porträt Dr. Andrej Teterin

Gastautor und Leiter des Produktmanagements Dr. Andrej Teterin

Dr. Andrej Teterin ist als Geschäftsbereichsleiter des Produktmanagements und e-health bei Dampsoft unser Experte in Sachen Telematikinfrastruktur. Regelmäßig beantwortet er Fragen und kommentiert die aktuellen Entwicklungen der Digitalisierung im Gesundheitswesen, besonders im Bereich der Zahnmedizin.